Lustiges zum Lesen – Schwimm-K(r)ämpfe in der Morgensonne
Kennst Du das auch?
Jetzt ist es passiert! Ich habe Rücken!
Dat es Pinn, doarvan könnt geij de Wänd hochloope bes onder de Deck. So weh dütt dat.
Übersetzung: (Dat sinn Schmerzen, davon kannste die Wände hoch rennen bis unter die Decke. So weh tut das.)
Daher entschloss ich mich, etwas dagegen zu unternehmen und entschied mich für das Schwimmen.
Was soll ich sagen?
Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung? Denkste! Da finden heimliche Kämpfe statt, die ich mir in meinen kühnsten Albträumen nicht hätte ausmalen können.
Lassen wir uns die Sache chronologisch angehen:
1. Tag – 7:06 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, 18 Grad Celsius, Sonnenschein, kein Wind, Wassertemperatur 24 Grad Celsius
Püppi (meine Angetraute) und ich begeben uns ins nicht kühlende Nass, da vorgeheizt für die Weicheier. (hihi)
Es befinden sich etwa zwölf Personen im großen Fünfzig-Meter-Becken und pflügen in allen möglichen Stilrichtungen durch das blaue Wasser. Hauptsächlich etwas ältere Damen so zwischen sechzig und über achtzig Jahre.
Zunächst überprüfe ich, ob es noch klappt mit Brust und Rücken. Kraul (oder Crowl??) geht nicht, weil ich mich nämlich hinter einer großen Sonnenbrille versuche zu verstecken, um anfänglich einmal unerkannt zu bleiben. Dieses Vorhaben ist auch sogleich von wenig Erfolg gekrönt, als mich die erste Person gleich mit Namen begrüßt. Verdammt!
Nach knapp vierhundert Metern im bedächtigen Tempo geht mir die Luft aus und ich bitte Püppi, gnädig mit mir zu sein. Morgen ist auch noch ein Tag und ich habe heute so viel Termine. Sie glaubt mir, die Gute und rettet mir den Tag.
2. Tag – 7:15 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, 19 Grad Celsius, Sonnenschein, kein Wind, Wassertemperatur 24 Grad Celsius
Mit vollem Elan und vorgetäuschter (bei mir) Begeisterung stürzen wir uns in die Fluten und schwimmen los. Die Sonnenbrille schützt wieder nicht vor einigen Bekannten, die einen freundlich begrüßen müssen, um unterschwellig spüren zu lassen, dass man doch wohl zu den Anfängern gehört. Püppi schwimmt mit kräftigen Zügen, als würde sie das seit Jahren täglich praktizieren. Ich versuche Atem holend einigermaßen mitzuhalten und überrede sie nach geschwommenen fünfhundert Metern aufzuhören, da mir der Rücken schmerzt und morgen ja auch noch ein Tag ist. Das Wasser wird in der Zeit nicht verdunsten. Sie glaubt mir, die Gute und rettet mir wieder den Tag.
3. Tag – 7:21 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, 14 Grad Celsius, bedeckt, mäßiger Wind, Wassertemperatur 24 Grad Celsius
Irgendwie spüre ich, dass es angenehmer, ja geradezu leichter wird mit dem Vorankommen im Wasser. Die Sonnenbrille hat mittlerweile als Tarnung komplett versagt und ich nehme mir vor, eine Taucherbrille oder etwas Ähnliches zu kaufen. Heute halte ich einigermaßen Püppis Tempo mit und orientiere mich zögerlich und vorsichtig mal an die „Konkurrenz“, um einzuschätzen, wem ich pro Bahn einige Meter abnehmen kann.
Was soll ich sagen?
Nach längerem Abschätzen erspähe ich am äußeren Beckenrand einen etwa 90-jährigen Mann, der sich nach etwa zwei gepaddelten Metern am Rand festhält, um nicht unter zu gehen. Irgendwie zolle ich ihm gewaltigen Respekt und hoffe, dass ich das in diesem Alter auch noch machen kann. Leider ist er aber der Einzige heute Morgen, dem ich an Tempo überlegen bin. Enttäuschend, aber auch Ansporn, besser und schneller zu werden. Nach achthundert Metern und mit dem Versprechen, am nächsten Tag den Kilometer voll zu machen, dränge ich Püppi aus dem Pool. Sie glaubt mir, die Gute und rettet mir wieder den Tag.
4. Tag – 7:19 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, 15 Grad Celsius, bedeckt, mäßiger Wind, Wassertemperatur 24 Grad Celsius
Heute muss ich es beweisen! Niemanden anderen als mir selbst. Ich gehöre noch nicht zum alten Eisen und hechte voll motiviert hinter Püppi in die Fluten. Ich lasse ihr einen kleinen Vorsprung und gebe mein Bestes. Bin ich Erster am anderen Ende? Ich bin es. Horrido! Oder hat Püppi mich am Ende gewinnen lassen? Zweifel überkommen mich. Frauen sind manchmal so. Und Püppi ganz sicher, denn sie versteht mich auch ohne Worte. Ich muss mir einen anderen Gegner suchen. Kurz herum geschaut und schon erblicke ich eine grauhaarige Dame, die etwa mein Tempo anschlagen dürfte.
Ich warte, bis sie zum Anschlag kommt und wendet. Kurz danach schwimme ich, was das Zeug hält. Keine Zeit zum Gucken, nur geradeaus und durch. Siegessicher schlage ich nach 50 Metern an. Mein Blick geht sofort nach rechts. Hah! Niemand zu sehen. Wo ist sie? – Scheiße! Die schwimmt schon wieder zurück! Bestimmt hat sie gefuddelt und hat vorher wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Nach mehreren Versuchen muss ich eingestehen, dass ich da noch nicht mithalten kann. „Es wird schon.“ rede ich mir ein. Nie aufgeben, immer den Glauben an sich bewahren. Nach dem versprochenen Kilometer muss ich mich verschärft zusammen reißen, damit ich Püppi nicht frage, ob sie mir aus dem Wasser hilft. Ich gebe ihr zu verstehen, dass es mir blendend geht. Sie glaubt mir, die Gute und rettet mir erneut den Tag.
5. Tag – 7:28 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, 13 Grad Celsius, bedeckt, schwacher Wind, Wassertemperatur 24 Grad Celsius
Ich fühle mich super. Mein Rücken meldet sich nicht mehr so häufig und ich spüre, dass ich heute den Geschwindigkeitsrekord aufstellen werde. Keiner kann mich besiegen. Ich bin unschlagbar! Hah! Ich gehe es auch direkt mächtig an. Boah! Heute ist mein Tag! Und… die Grauhaarige trifft auch gerade rechtzeitig ein. Heute zeige ich es Dir, Baby. Du wirst verlieren. Die erste Runde geht los. Ich schlage an und…sie ist langsamer! Jaaaa – Sieg auf der ganzen Linie. Ich sende ihr ein hämisches Grinsen rüber. Hat sie es gesehen? Denn sie würdigt mich keines Blickes und schwimmt schon wieder los. Nach acht Bahnen liege ich zwar immer noch gleichauf, aber beim Rückenschwimmen schnaufe ich wie ein Walross und sprühe bei jedem Atemzug wie ein Wal eine Fontäne in den Morgenhimmel. Püppi mahnt mich schon, es langsamer angehen zu lassen. Geht nicht! Ich liege bereits fast eine halbe Bahn zurück. Trinken brauche ich heute auch nichts mehr, habe drei Liter Chlorwasser im Balg.
Veredamden Driet. Die Alt schwemmt min weg näss ennen jongen Höpper än ek mott söchte näss en kapotte Ovenpiep.
Übersetzung: (Verdöllter Unrat. Die nicht mehr ganz junge Dame schwimmt mich weg wie als einen jungen Hüpfer und ich muss Geräusche machen wie ein defektes Ofenrohr.)
Püppi erkennt meine konditionellen Unpässlichkeiten und macht mir weiß, dass wir den Kilometer bereits geschwommen hätten. Ich glaube ihr, der Guten und rette mir selbst den Tag.
Was soll ich sagen?
Mittlerweile waren wir sehr viel öfter morgens schwimmen. Mein Rücken zwickt mich nur noch selten und auch die Kondition ist sehr viel besser geworden. Auch die Grauhaarige ist längst keine Gegnerin mehr. Sie hat längst aufgegeben, mit mir mitzuhalten. Inzwischen sind meine Gegner, an denen ich mich orientiere, die jungen Leute, die für die Kreismeisterschaften trainieren. (Kleiner Witz! Muss auch mal sein. Hihi)
Mit einigen habe ich auch ab und an einen Erfahrungsaustausch, wobei ich festgestellt habe, dass so mancher mit künstlicher Herzklappe, Herzschrittmacher und anderen Ersatzteilen hier im Wasser aufschlägt. Respekt Respekt.
Gottlob habe ich persönlich (bis auf Zähne) noch keine Ersatzteile dieser Art benötigt. Die brauche ich eigentlich nur für mein Auto.
Wenn es kühler wird und ich wegen Rücken aufs Fahrrad umsatteln muss, dann erzähle ich davon. Du erfährst es als Erster.
Ek säch dann ma schüss, wa. Bess määrge off so.
Von diesen lustigen Geschichten aus Kleve gibt es noch viel mehr.
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