Die Schnotterbelle im Wartezimmer

Kennst Du das auch?

Heute morgen habe ich meine Frau zum Arzt in Kleve gebracht zur sogenannten Routineuntersuchung.
Ich dachte so bei mich bei:
„Fahr nich nach Hause – setz Dich irgendwo hin und kuck Dich die Leute an, die so vorbei gehen.“
Was soll ich sagen?
Morgens in der Frühe, die meisten Geschäfte in Kleve haben noch zu, die Rentner treffen sich zum gemeinsamen Frühstück beim Bäcker Ihrer Wahl, einige Jugendliche hetzen noch die Stadt runter – wieder mal zu spät, die ersten gelben Postwagen sind zu erspähen (Privattour? oder ist gerade kein Streik?), die ersten Verkäuferinnen schieben die Warenständer vor den Laden, die letzten Reinigungsfrauen schütten noch schnell die Eimer mit dreckigem Wasser auf die Strasse…
…einem Passanten über die frisch geputzten Schuhe, wie eigentlich jeden Morgen.

„Pottveredoome – makkt ow schäle Döpp opp än schött denn Pess inne Gööt än niet över min neije Schuun, alde Prött.“
(Übersetzung: “ Verdammich – mach Deine schielenden Gucker auf und gieße das Gebrauchtwasser in die dafür vorgesehene Gosse und keinesfalls über meine neuen Leisetreter, alte Matrone.“ )

Der erste holländische Wagen kommt ruhig und langsam die Große Strasse (in natürlich verkehrter Richtung der Einbahnstraße) hinuntergefahren. Die beiden Insassen winken freudestrahlend nach links und rechts, was teilweise von einigen aufmerksamen Beobachtern erwidert wird.
Wer könnte ihnen jemals böse sein?
Langsam aber sicher bekomme ich einen kalten Hintern auf der Steinumrandung des Brunnens und entschließe mich, zu überprüfen, ob meine Angetraute nicht bald fertig ist.
Also marschiere ich die Treppe rauf zum Arzt.
Komisch – man klopft immer an die Tür des Wartezimmers, obwohl man ganz genau weiß, daß nie jemand mal „Herein!“ ruft.
Der Blick geht aufmerksam in die Runde.

1. Ist die Frau noch anwesend? – Nein.
2. Kenn ich hier jemanden? – Nein.
3. Ist noch ein Platz für mich frei? – Nein.

Eine nervös wirkende Mutter zwingt ihr Kind, den Platz für mich zu räumen.
Wirke ich wirklich schon so alt und gebrechlich? Scheinbar.
Das Mädchen – etwa vier Jahre alt – drückt sich verschämt, den Daumen im Mund, etwas verlegen an den Arm der Mutter und zieht dabei immer eine Schnotterbelle hoch, die kurze Zeit später bereits wieder der Erdanziehung nachgeben muß und sich erneut aus der Nase schlängelt.
Ein kratzender Lautsprecher verkündet währenddessen, das jetzt Frau Jansen ins Rennen geworfen wird, um beim Arzt ihr Leid zu klagen.
Hier ein Räuspern, da ein Hüsteln, nur kranke Menschen um mich.
Boah,
„Min wörd et noar, den Trööt wörd dröög än ek gelööf, ek lot min ok es ondersüke van den Quacksalber.“
(Übersetzung: “ Mich wird et ganz anders, der Hals wird trocken und ich glaube, ich laß mich auch ma untersuchen von der Dokta.“)

Wenn ich jetzt noch länger bleibe, hab ich mich wahrscheinlich mit Allem angesteckt, was hier so gerade in diesem immer winziger werdenden Raum herumschwirrt.
Schnell raus – Schüss – und an die frische Luft, um sie zu schnappen.
Schnell noch die Sportbild holen, bevor mein Schatz sich aus den Fängen des Weißkittels befreit hat.
Nach einiger Zeit sehe ich mein Goldkörnchen in der Apotheke stehen.
Ich ahne nichts Gutes.
Als ich zu ihr in die Apotheke komme, beruhigt sie mich gleich und erklärt mir, daß sie nur neues Aspirin für uns kaufen will, da wir gerade mal da sind. (juhu)
Allerdings hat der Herr in Weiß ihr auch sechs Massagen verschrieben für ihre Schmerzen im Nacken.

„Dat dütt verrecks weh än geij mott oppasse, dat doar genne Schöcht van kömmt.“
(Übersetzung: “ Dat tut aber so wat von weh tuen un Du muss aufpassen, dat davon keinen Puckel von werden tut.“)

Solche Massagen, die Frauen veranlassen, wie Katzen zu schnurren, ohne gleich einen Buckel zu machen, müssen vom Fachmann oder einer Fachfrau durchgeführt werden.
Da kommen sie dann immer freudestrahlend nach Hause und haben keine Schmerzen mehr.
Hier noch einer zum Abschmunzelen:
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